Der Besuch des weißen Vaters *
Auf einem Flugplatz
Irgendwo
betoniert zwischen Dschungel und Wüste,
rutscht eine schwarze Putzfrau auf Knien und wienert
den Boden, als ob sie ihn küsste.
Kommt ein heiliger Vogel
geflogen,
lässt sich nieder auf dem flirrenden Feld.
Ein weißer Herr steigt heraus, der winkt
ihnen zu wie Gott aus einer anderen Welt.
Wie eine Wolke schwebt er
die Gangway herab,
kaum berühr’n seine Füße den Teppich, den roten,
doch unten, da rafft er die Röcke und sinkt
auf die Knie, beugt seinen Kopf bis zum Boden.
Da bebt die Menge und
seine Lippen berühren
– noch eh er die Herren des Urwalds begrüßt –
den Asphalt ihres Landes und zwar genau an der Stelle,
wo die Putzfrau ihn vorher so gründlich gebürst’.
Die Gebete verhallt, der
Besucher abgereist,
die Himmelstreppe steht abseits, der Airport verwaist,
nur die Putzfrau schrubbt auf allen Vieren über die Piste
und reinigt den Boden, wo der Vater ihn küsste.
* Mein Beitrag zum bevorstehenden
Papstbesuch in Deutschland.
–
Mit dem "weißen Vater" ist jedoch nicht Benedikt XVI. gemeint,
sondern
sein
Vorgänger
Johannes Paul II., der auch als "Reisepapst"
unter dem Spitznamen
"Eiliger
Vater" bekannt war.
Das Gedicht entstand 1992. Als ich es 1995 das erste Mal öffentlich vortrug,
kam
es zu einem Eklat, als ein katholischer Fundamentalist sich angegriffen fühlte.
(Mehr dazu demnächst auf diesen Seiten.) Ihm und seinesgleichen empfehle ich,
sich rechtzeitig eine Papstbank
reservieren zu lassen. Das praktische Möbel
eignet sich bestimmt auch als Rammbock zum Erstürmen antiklerikaler
Bastionen.
Und hier können Sie lesen,
was Uta Ranke-Heinemann von Benedikt XVI. hält.