Worte gegen den Wind ... Die Seite mit kritischer Lyrik und Satire

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Wie Drögelmanns den Weltuntergang überlebten (Teil 1)

Wie Drögelmanns den Weltuntergang überlebten (Teil 2)

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Wiedervereinigung nachgeholt

Windstiller Morgen am Ufer der Weichsel

Wortergreifung

Zorniges Poem

Zwei 11. September

Zwei kurze


Zorniges Poem
über die Nutzlosigkeit des dichterischen Tuns *
Joggen soll gesund sein.
Mich erfrischt der Schock
beim ahnungslosen Schritt
in den Abgrund einer kaputten Rolltreppe;
Andere wieder der mutige Griff
in einen geladenen Weidezaun.
Der dauerarbeitslose Klabautermann
herzt die ondulierten
Trittbrettfahrer der Poesie
und hetzt die Landratten
dem sinkenden Schiff hinterher
auf die Spur der Lemminge.
Im Trainingsanzug
den inneren Wachhund
lahmtreten, in der Rumpelkammer
zwischen den leeren Gehirnzellen
Gassi gehn:
Such, Fiffi, such
das Stöckchen –
maultotzuschlagen das ganze
kappernde Quasmarogen-Gelampe,
die ferkelnden Versicherungsvertreter
wie alle Verkäufer
pfarrmazeutisch verbürgter
Lebensversicherungen.
Angeklagt
der Unterschriftsverweigerung,
nach Berufung dreier Erzengel
zu lebenslänglichem Freigang
begnadigt.
Alberne Verlegenheit
beim Ablegen der Tarnkappe,
beim zitternden Betrachten
des Selbstbilds in der Kaffeetasse.
Fettäugige Kaulquappen
planschen in lauwarmer Brühe
gegen den Zeitgeist
und grinsen dabei
ihre glitschige Naivität
über den Tellerrand.
Sie entgehen doch nicht
der sabbernden Umarmung
durch die klitoritäre Gesellschaft,
Kains revolutioniertem Bruderkuss
und feministischen Muttermundorgien.
Lasst uns denn
die Taube auf dem Dach verpfänden
und auf Kosten der Krankenkasse
in den Thermen von Pamukkale
nach der Stecknadel im Heuhaufen
tauchen.
So habe ich, flachbrüstig
gesäugt die schlafhungrige Muse
und will noch
eine kapitale Gangsterbraut erlegen
ehe sie die Halbwelt
endgültig verwirklicht haben.
Beim Bart und den Tränen
des Quetzalcoatl.
Und McKilroy
macht 'nen Klimmzug
und den macht er
an der Wand.
Mit der Nase
an den Gassen
und Ruinengrundstücken
der Kindheit hängen,
die seitdem so eng
und leer geworden sind.
Will die Worte fesseln
und abstreifen
wie ein nassgeschwitztes T-Shirt
angesichts
der beneidenswerten Beobachtungsgabe
eines jungen Baumes.
Will trotzdem
die Geduld des Gletschers
auf die Probe stellen und
in der Marianengrabentiefe
unzähliger Bierkrüge
nach versenkten Erinnerungen suchen,
nach der vergessenen Phantasie.
Mich schließlich
mit der ganzen Hingabe
eines Hermaphroditen
in den Sonnenuntergang
am Kap Sunion
verlieben.
Und dann werde ich
sie bezahlen lassen
für die standhafte Weigerung,
dies auch noch selbst
zu interpretieren.
 

* Das "Zornige Poem ..." erschien erstmals 1992 in der Zeitschrift "Impressum" und war eine meiner ersten Veröffentlichungen.  Die meisten anderen aus dieser Zeit verdanke ich - wie viele Autoren - den durch "Impressum" vermittelten Kontakten.
Herausgeber (bis zur Selbstaufopferung) war der in der alternativen Literaturszene legendäre Josef "Biby" Wintjes. der am 24. 9. 1995 (also vor genau 15 Jahren) im Alter von nur 48 Jahren starb (Hier: Nachruf  von Werner Streletz).
Wintjes' Freund und Mitarbeiter  Bruno Runzheimer führte "Impressum"  bis 1999 weiter. Er starb 2008 mit 61. - Hiermit ein posthumer Dank an beide!

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