Von Kommas und Kröten *
Einmal gab ich einem
Freund, der Germanist
und dazu noch Lehrer ist,
einen Text von mir zu lesen.
Um Kritik hatt’ ich ihn nicht gebeten
(die Geschichte handelte auch nur von Kröten),
drum, als er fertig war und nickte,
da dachte ich, das wär’s gewesen –
bis er dann doch noch kritisch blickte.
Sein Finger wies mir
gleich darauf
die Stelle mit der fatalen Fehlerquelle:
„Das Krötenmännchen“, las er, „ließ nicht los,
obwohl das Weibchen eigentlich zu groß war und
auch das zweite Männchen gab nicht auf.“
Ob mir denn nicht
aufgefallen sei,
bemerkt die durchtrainierte Lehrerseele,
dass dort vor „und“ ein Komma fehle? –
Das „zweite Männchen“ stelle doch dabei
– wie ich sicher auch erkenne –
ein eigenes Subjekt dar, woraus folgt,
dass man den Satz durch Komma trenne.
Ich war bestürzt, er
hatte recht:
So ohne Komma kommt’s formal ganz schlecht;
die Gliederung stört’s kolossal –
das Chaos der Subjekte
wird total.
Ich schämte mich seitdem
enorm
für meinen kommalosen Leichtsinn. –
Jetzt rehabilitiert mich die Rechtschreibreform:
lässt mir – in diesem Fall – beim Komma freie Wahl.¹
Den Kröten war das
ohnehin
von Anfang an egal.
* Das Gedicht zur Rechtschreibreform von
1996 und über die Tücken der
Kommasetzung bei mehreren Kröten erschien (als
Leserbrief) im November
1997 in der –
inzwischen untergegangenen –
Fachzeitschrift für Literatur
und Kunst "Der
Literat".
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¹ Hier finden Sie zum Nachweis
die entsprechende Regel
des Online-Duden
(oder -Dudens? – auf jeden Fall im Duden!). Alle Regeln finden Sie hier.
Wer nur mal ein Wort oder eine Wortkombination nachschlagen (oder seinen
Deutschlehrer korrigieren) will, der wird hier
bestens bedient (oder verwirrt).
Und hier
mein Merksatz für Rechtschreibfanatiker und -anarchisten.
Klicken Sie jetzt unten erst auf das Symbol "Daumen hoch" und dann auf
"Daumen runter" und sehen
Sie einen Beleg für das Chaos, das ein fehlendes
Komma unter mehreren Subjekten anrichten kann.