Gedanken über Gott und die Welt
Marktwirtschaftliche Kreuzigung
Jesus-Foto auf dem Titelblatt der Bildzeitung.
Sarkastisches Vergnügen beim Ausdenken möglicher Meldungen.
Hätte statt der Bibel BILD berichtet - die Schlagzeilen von damals
wären wohl auch heute, fast 2000 Jahre später, noch aktuell.
Nur die grausige Ehre ans Kreuz geschlagen
zu werden, würde
man ihm in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat wohl
nicht mehr antun. Vermutlich würde man ihn eher wegen Gemein-
und Selbstgefährlichkeit in die geschlossene Abteilung einer
Nervenklinik zwangseinweisen.
Die Nachfrage nach Märtyrern hat in letzter
Zeit doch deutlich
nachgelassen.
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erspart Ihnen eine Menge Ärger hinterher.
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Von Schafen und Hirten
Die katholische Kirche hat ihre Hirten und Oberhirten, die
von Zeit
zu Zeit "Hirtenworte" von sich geben, die sie dann in ihren
Gotteshäusern verlesen lassen.*
Wenn die Würdenträger der Kirche sich selbst als unsere Hirten
bezeichnen,
dann soll das wohl heißen, dass sie uns als ihre
Schafe betrachten.
Ehe ich das Schaf dieser Hirten bin, will ich lieber ihr Wolf sein.
Auch Gott ist faul:
In sechs Tagen die Welt erschaffen
und sie dann sich selbst überlassen.
Alle paar Jahrtausende mal kurz gezeigt:
Man ist noch da.
Das letzte Mal nur den Juniorchef geschickt
und ihn den eigenen Interessen geopfert.
Seitdem nichts mehr von sich sehen gelassen.
Den Verwaltungskram
erledigen inzwischen
die Stellvertreter.
Vorm Jüngsten Gericht
Himmlischer Richter:
"Mensch, bekennst du dich schuldig?"
Angeklagter:
"Ich lehne es ab, Herr Richter, mich schuldig zu fühlen, denn
ich sehe
nicht ein, warum ausgerechnet ich die Verantwortung
übernehmen soll für die angeblichen Schuldgefühle Gottes,
etwas so Unvollkommenes wie mich geschaffen zu haben.
Fatales Versäumnis
Mit der Jungfrau Maria hat Gott nachgeholt, was
er besser schon
mit Eva hätte tun sollen - seinem Sohn und uns wäre
wahrscheinlich viel erspart geblieben.
* Dieser Text entstand im Januar 1980 anlässlich
eines Hirtenbriefs der deutschen Bischöfe
zum "Fall
Küng". Die Deutsche Bischofskonferenz hatte dem katholischen
Theologen
Hans Küng im Dezember 1979 die kirchliche
Lehrerlaubnis entzogen., nachdem dieser
u. a. das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit in Frage gestellt hatte.
Auch die übrigen "Gedanken"
stammen aus dem Jahr 1980.
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